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Von der Verführbarkeit der Menschen oder
Dies alles nicht und selbst das nicht
Dr. Hans Jellouschek gewidmet
Liebe, Lust und großes Gedöns in fünf Akten und einem Epilog, den niemand sehen will.
Inszeniert als Barockoper in der musikalischen Manier irgendwo zwischen Händel und Mozart mit Anleihen an Techno und Rap.
Ähnlichkeiten zu real existierenden Menschen sind weder zufällig noch absichtlich, aber in jedem Fall unvermeidlich, da universell. Die tatsächlichen Geschehnisse sind dabei nicht so wichtig, sondern hauptsächlich handlungsführend.
Akteure:
Zeus (Bass) in Gestalt von Hanno (Tenor)
Semele (Alt) in Gestalt von Xenia (Sopran)
Hera (Mezzosopran) in Gestalt von Mara, Frau von Hanno (Sopran)
Alle Götter und Menschen auch in eigener Gestalt
Menschen auch durch Puppen darstellbar und dabei von den Göttern gespielt, außer in Akt 5 Fassung A, und am Ende von Akt 5 Fassung C. Oder andersrum durch Masken, die die Götter darstellen. Die Arien werden zum Teil unisono von beiden, zum Teil mehr von dem Gott oder mehr von der menschlichen Gestalt gesungen, wie es beliebt.
Drei Damen/drei Knaben/drei Stimmen oder Engel oder ein Handyanruf – egal
Chor
Für heitere Randfiguren muss noch gesorgt werden.
1. Akt – In einem Garten Kennenlernen von Held Hanno und Heldin Xenia bei einem Maskenball und somit unter falschen Voraussetzungen, spontane große Liebe, ohne vom Anderen viel zu wissen.
Zeus und Semele schauen vom Olymp zu und übernehmen die Show, finden die Gelegenheit günstig, sich nach gefühlten Ewigkeiten mal wieder als Menschen zu treffen und nehmen Besitz von Hanno und Xenia, Rezitative und Duett.
Hera kriegt Wind davon und schlüpft in Mara, die Gattin von Hanno – Beginn der GROßEN OPER
2. Akt – Liebesduette, heimliche Treffen, Erkennen der großen Gefühle und des großen Betrugs und Gewissensbisse der Helden (Arie Semele/Xenia: Forsythienblüte, falsche, ohne Duft und Honig leuchtest Du… Arie Zeus/Hanno: Wer bin ich, ach, was tun…) etc., und dann fliegt alles auf. Hera/Mara findet Briefe, spitzelt ihnen hinterher, erwischt sie im Garten und entbrennt in Furor, Rezitativ und Übergang zu Heras/Maras großer Arie der betrogenen Gattin und Semeles/Xenias Verbannung in die Unterwelt (Arie Hera/Mara: Verstoße sie, du falscher Mann…) und Zeus muss ihr entsagen. Fis-moll, oder so. Jedenfalls fies.
3. Akt – Zeus/Hanno geht zurück zu Hera/Mara, leugnet alles mögliche und singt liebliche Lieder, um sie zu besänftigen (Arie Zeus/Hanno: Oh, Schlehdornblüte, zarte…). Dabei zermartert er sich in Rezitativen das Hirn, wie er mit Semele/Xenia Kontakt in der Unterwelt aufnehmen kann und steht insgesamt neben sich. Dies wird szenisch sichtbar durch die zwei Figuren Zeus und Hanno. Hera/Mara ist misstrauisch und eifersüchtig, fühlt sich verraten und ist nicht wirklich zu besänftigen. Zu Recht. Als Möglichkeit wofür auch immer hat sie/haben sie eine Phiole mit Gift. Entsprechende Arie ( z.B.: Bittere Frucht, schön anzuschau’n…).
Semele/Xenia singt aus dem Hades ein trauriges Arioso, ist dabei aber unsichtbar. Zeus/Hanno und Hera/Mara hören das und reagieren entsprechend unterschiedlich. Echo-Arie, dreifach, mit Zeus/Hanno in Richtung Dur antwortend oder auf offenen Septakkorden, für Hera/Mara eher dramatischer/disharmonischer harmonisiert. Oder für alle sechs (also Götter und Menschen auseinandergenommen) unterschiedlich, da wird‘s musikalisch aber … kompliziert bis unübersichtlich. Wie die Lage eben ist.
– Pause – Das Publikum kann entscheiden, welchen Akt 5 es sehen möchte:
A. Happy End für das neue Paar, eher süß,
B. ewige Verdammnis für das ursprüngliche Paar, eher herb, oder
C. alle tot, bitter und dramatisch.
4. Akt – Zeus/Hanno findet einen Weg, Semele/Xenia, aus dem Hades zu holen und ist ehrlich froh und verliebt, hat aber mit Hera/Mara noch immer nichts geklärt. Was Semele/Xenia aber glaubt, warum hätte er sie sonst aus der Unterwelt holen sollen. Als sie feststellen muss, dass er immer noch ihre Existenz vor Hera/Mara leugnet und sie nicht offiziell an seine Seite stellt, versucht sie, sich mit einem Messer umzubringen (Arie: Oh Wut, oh Schmach, Du tötest mich…). Drei Stimmen/Knaben/Damen (oder das Handy) halten sie davon ab und geben ihr die Idee, ins Kloster zu gehen. Xenia willigt erschöpft ein. Semele ist da raus, Kloster ist nichts für sie, und sie entbindet sich genervt (Rezitativ: Nun ist es gut…) von Xenia. Diese geht ab in D-moll.
5. Akt Fassung A – Hera/Mara klagt und wütet weiter in Rezitativ und Arie über ihren distanzierten Mann, der zwar da, aber emotional nicht bei ihr ist. Zeus/Hanno zieht sich von der Welt zurück und begreift in langen Rezitativen irgendwas, während er an einem Strick den Baum auf die Bühne zieht, an dem er sich erhängen will. Die drei schon bekannten Stimmen flüstern ihm was und dann findet er das Messer, das Xenia liegen gelassen hat. Als er es berührt, fällt er um wie tot. Rezitativ – Generalpause. Und liegen bleibt Zeus, während Hanno sich wackelig erhebt und in zerknitterten halbwegs weißen Kleidern aufsteht und um sich schaut. Orchesterstück. So geht er zu Hera/Mara und bittet sie um Vergebung. Rezitativ, Arie und Duett, in dem Mara letztendlich versteht, dass er seine Gefühle nicht beugen und sie ihn nicht wirklich zurückhaben kann, vielleicht nicht mal will – und Hera macht sich mit Rezitativ genervt davon, denn Vergebung ist ihr Ding nicht. Und dann muss er sich beeilen, Xenia noch vor den Klostertoren abzufangen. Endlich will er sich in seiner wahren Gestalt zeigen (haha!), doch sie ist in Trauer tief verschleiert und will ihn nicht ansehen. Aber der Pförtner des Klosters ist Zeus (Götter sterben nicht!) und sagt, sie solle sich noch einmal umwenden und von der Welt verabschieden und das tut sie. Lüftet ihren Schleier und sieht den wahren Hanno. Der sinkt auf die Knie, Zeus macht schon mal die Tore zu und sie kniet sich zu ihm, sprachlos erkennen sich die beiden und der Chor besingt die Liebe und das Leben und wie schön es wäre, wenn die Götter sich nicht ständig einmischen würden. Und da fallen alle Menschen-Akteure herzhaft mit ein und das letzte Stück ist ein Kanon, den das Publikum auf dem Heimweg weiter singen und damit die Götter heiter verwünschen kann.
5. Akt Fassung B – Zeus/Hanno klagt und vermisst Semele/Xenia und vermisst genau genommen sich selbst (Arie analog zu: Ach, ich fühl‘s, es ist entschwunden). Hera/Mara belauscht ihn dabei heimlich und klagt dann in großer da capo-Arie, was sie tun soll mit diesem Mann und wie sie ihn an sich binden soll und dass er es doch versprochen hat usw… und verfällt in ihrer Not auf eine List (Rezitativ: Ich werf ihn raus, nur dann kommt er zurücke!): Sie verstößt ihn! (Arie: Hinfort, der Schmerz so übergroß…). Zeus/Hanno fällt in Gram. Die eine im Kloster, die andere hat ihn verstoßen. Also leistet er Abbitte, bezichtigt sich selbst, züchtigt sich, geht in Schwarz und Grau und klagt an der Klostermauer sein Leid und am Ende begräbt er dort sein halbes Herz. Steht wieder auf, geht zurück zu Hera/Mara, schwört, für immer so gut er kann bei ihr zu bleiben und sie nimmt ihn mit Bedingungen auf (Arie Hera/Mara: Tu dies, tu das!)
Und dann: Wiederholungsschleife mit Elementen aus Akt 4 und Anfang 5/B mit nur leicht geändertem Text. Und dann mit einer anderen Mara, aber natürlich derselben Hera und dann mit einem anderen Hanno aber demselben Zeus, dann mit einer anderen Xenia etc. und die Wiederholungsschleifen werden immer schneller und die Versionen immer kürzer und fahren am Ende im Fortissimo, Stretta und Stroboskoplicht an die Wand. Dann Stille: Die Menschen liegen erschöpft und schwer atmend auf der Bühne herum und es gibt keinen Ausweg. Und der Chor singt einen traurig-genervten Abgesang auf die Dummheit der Menschen und die Hinterlist der Götter und dass im Kanon keine Erlösung liegt, man muss ihn willentlich beenden. Und tun es nicht, sondern gehen mit Kanon ab. Natürlich ein anderer als in Fassung A, mehr so humpelndes Moll in 5/4-Takt.
5. Akt Fassung C – Nacht – Xenia hinter Klostermauern sichtbar, Hanno und Mara auf unterschiedlichen Bühnenebenen, im Hintergrund, er unterhalb, sie oberhalb, alle schlafen. Vorne: Semele geht zu Zeus und verlangt eine Unterredung im Olymp. Treffen der drei Olympier. Semele regt sich auf, was Zeus ihr zumutet, Kloster!, und wie viele Jahrhunderte das so noch weitergehen soll (Arie: Es ist genug…). Hera im drohenden Rezitativ mischt sich ein und stellt klar, wer hier Ansprüche stellen darf und wer nicht und klagt mit demselben musikalischen Motiv, doch mehr finsteren Untertönen, ebenfalls Zeus an, wie lange das noch so gehen soll.
Zeus explodiert! Wirft Blitze und Donner, Arie in Rauch und Feuer und Weltuntergang und droht, wenn ihr mir so kommt, dann lösche ich alles aus (Arie: Ihr könnt mich mal…). Und so geschieht’s. Denn währenddessen wachen die Menschen auf, sind von Göttern frei und sehen ihr Drama klar vor sich. Semele stirbt mit einer wunderbaren Arie (analog Purcell: Dido) an gebrochenem Herzen (jaja, Romantik, sie könnte auch ins Wasser gehen, aber wo soll das jetzt so schnell herkommen). Mara sieht die Aussichtslosigkeit ihres Unterfangens, nimmt das Gift, das sie von Hera bekam und das sie die ganze Zeit verspritzt hat, nun selbst und stirbt in einer sehr dramatischen Arie, die Motive aus Akt 2 (Verstoße sie,…) aufnimmt. Hanno findet beide Frauen tot. Klagt Zeus an, erkennt sich selbst, gibt sich (fälschlich?) alle Schuld und öffnet sich die Adern mit dem Messer, das er auf der Bühne findet. Abgesang des Chores auf die manipulativen Götter, die Menschen als Spielball der Olympier und dass das so nicht weitergehen darf. Es endet mit einem Aufruf an die Menschheit, sich nicht von fremden Mächten terrorisieren zu lassen, nicht mal, wenn sie in einem selbst stecken.
Fünf Vorhänge mindestens!
Epilog – vollkommen alternative Fassung eines unvollständigen Akts, der notwendigerweise unvollständig bleibt: Ausbruch aus dem Drama-Dreieck.
4.a – Xenia im Kloster, frei von Semele, kommt zu sich. Besingt ihren Traum mit dem Mann, der nicht frei für sie ist, bedauert, was er seiner Frau antut, will nicht schuld daran sein und auch selbst nicht so behandelt werden (Arie: Oh, Traum und Trug, wo führt ihr hin… auf Motiv von „Bittre Frucht, schön anzuschau’n“ von Hera/Mara aus dem 3. Akt). Sie sendet seine Küsse und Schwüre und ihre eigenen Tränen als Päckchen an Zeus/Hanno und Hera/Mara. Dann erhebt sie sich, zieht das Drama aus und sich um in zerfledderte Jeans und Bluse, bindet die Haare hoch, packt ihre Sachen und verlässt die Bühne/die Stadt/das Land. Jedenfalls die Szene.
Zeus/Hanno und Hera/Mara bekommen das Päckchen gebracht, während sie gerade gesittet speisen, vielleicht Gäste haben, jedenfalls alle Formen erfüllen. Als sie das Päckchen öffnen, stehen sie plötzlich im hellen Licht der Wahrheit, das aus ihm herausleuchtet und sie sehen sich gegenseitig unverstellt und in ihrer wahren Gestalt (kurzes Duett: Was ist mir, wer und wie… Ende auf offenem Akkord). Vorhang. Alle Fragen offen.
Weitere Fassung eines 5. Akts, die aber nicht zur Wahl steht, sondern nur bei gleichen Stimmen und einem klarem Unentschieden als Alternative genutzt werden darf, wenn mindestens zwei Drittel aller Bühnenarbeiter dafür sind und es Vollmond ist.
5. Akt Fassung D – Nacht – Xenia hinter Klostermauern sichtbar, Hanno und Mara auf unterschiedlichen Bühnenebenen, alle schlafend im Vordergrund, zarte Musik in a-moll. Die Götter lösen sich von ihnen (Götter müssen nicht schlafen, es langweilt sie). Semele geht zu Zeus und gestisch sieht man, dass sie eine Unterredung im Olymp verlangt, Hera springt auf, gemeinsam gehen sie ab.
Xenia erwacht (Handyanruf? Drei Damen/Knaben/ein Regenschauer?), realisiert ihre Lage (Rezitativ: Was mach‘ ich hier, wie konnt‘ es dazu kommen) und stellt fest, wie mies es ihr geht und wie wütend sie ist. Und wie mies es den anderen beiden wohl gehen muss und sie weckt sie (Arie: Wacht auf, verdammte dieser Götter…). Mara wacht auf, wird sofort wütend und will mit dem Messer das da noch rumliegt auf Xenia losgehen. Hanno hält sie fest, das Messer fällt zu Boden und Mara bricht weinend in seinen Armen zusammen (Arie: Weh mir, wo ist die Liebe hin). Hanno ist tief berührt, greift zum Messer, will sich selbst damit töten (Arie: Ich bin‘s, ich sollte büßen), doch Xenia wird wütend, tritt ihm das Messer aus der Hand und stellt klar, dass das alles aufhören muss (Rezitativ und Arie: Schluss damit, jetzt reicht mir das!). Und findet deutliche Worte für Hannos Tricks und Lügen, für Maras Hinterlist, ihre eigene fucking Rolle, die ganze miese Inszenierung, endet aber vor allem damit, dass sie alle die Liebe verraten haben. Die große und wunderbare und anarchische Liebe, der es egal ist, wer mit wem verheiratet ist, wenn keine Offenheit mehr für einander da ist, geht sie und sucht sich eben jemand anderen.
Donnerschlag (oder eben etwas anderes operiges) – Deus ex machina: Amor tritt auf! Eine abgerissene Gestalt mit Pfeil und Bogen rührt sich im Bühnenvordergrund, die die ganze Zeit da gelegen hat, optisch irgendwo zwischen Legolas, Obdachlosem und Dionysos changierend, und zielt auf jeden einzelnen von ihnen. Winkt dann genervt ab und geht ab. Kommt kurz zurück und Xenia darf/muss sich bei ihm einhaken, gemeinsam ab.
Schlusschor übernimmt und sorgt während des Abgesangs dafür, dass die drei in unterschiedliche Richtungen gehen mit dem Kanon: Was gehet uns das an, da sehet ihr zu, geht auf grüne Wiesen grasen und bevor ihr nicht lieben könnt, offen und frei, sehet zu, sehet zu, sehet zu.